Position des ZDB
ZDB-Position zu Werkverträgen
Die Bedeutung von Werkverträgen für die Bauwirtschaft
Im Zuge der aktuellen Vorfälle in der Fleischwirtschaft wird auch über ein Verbot von Werkverträgen diskutiert. Wir warnen deutlich vor einem generellen Verbot von Werkverträgen, die das gesamte Wirtschaftsleben in Deutschland seit Jahrhunderten bestimmen. Gegen den Missbrauch dieses Instrumentes muss allerdings entschieden vorgegangen werden. Entsprechende Verbote und auch Kontrollinstrumente gibt es aber schon heute.
Bei einem Werkvertrag wird gemäß § 631 I BGB „…der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“
Aus dem täglichen Leben sind Werkverträge nicht wegzudenken. Bringt man seine Schuhe zum Schuster, geht man einen Werkvertrag ein. Der Schuster schuldet dem Kunden dabei als „Werk“ zum Beispiel ordentlich besohlte Schuhe.
Der Werkvertrag in der Bauwirtschaft
Auch in der Bauwirtschaft sind Werkverträge seit Jahrhunderten gelebte Praxis. Lässt man sein Dach neu eindecken, eine Heizung neu einbauen oder reparieren, eine Mauer setzen etc., dann sind das alles (Bau)-Werkverträge. Auch wenn der Bund ein Stück Autobahn in Auftrag gibt, die Kommune einen Kindergarten bauen lässt, werden Werkverträge geschlossen. Der Bauunternehmer als Auftragnehmer entscheidet dabei selbstständig, welches Personal oder welche Werkstoffe er einsetzt, um sein geschuldetes „Werk“ zu erstellen.
Insbesondere in der arbeitsteiligen Bauwirtschaft, in der häufig komplexe Werke beauftragt werden, sind Werkverträge die Grundlage eines erfolgreichen Zusammenwirkens, und das nicht erst seit heute. Dies kann man auch beispielhaft am klassischen Produkt des Bauhandwerks betrachten: dem Einfamilienhaus. Dieses Werk herzustellen, ist so komplex, dass sich das Bauunternehmen beispielsweise beim schlüsselfertigen Bauen in der Regel anderer Unternehmen bedient, um bestimmte Werkleistungen zu erstellen, z. B. Elektroinstallation durch den Elektrohandwerksbetrieb, die Einrichtung des Badezimmers durch Sanitärbetriebe, die Eindeckung des Daches durch den Dachdeckerbetrieb, die Erstellung des Gerüstes durch den Gerüstbaubetrieb. Auch mit diesen nachgeordneten Unternehmen werden Werkverträge geschlossen.
Durch den Werkvertrag hat der Verbraucher die Garantie, dass
er ein funktionstüchtiges und qualitativ hochwertiges Haus bekommt. Der Werkvertrag ist die rechtliche Grundlage für die Qualität und den hohen Standard, den das Bauen in Deutschland hat.
Werkverträge – auch in Form der Untervergabe von einzelnen Teilleistungen – sind also insgesamt aus unserem Wirtschaftssystem nicht mehr wegzudenken. Sie sind die rechtliche Grundlage für Fortschritt, Qualität, Innovation und den Erfolg von „Made in Germany“. Darüber hinaus sind sie gelebter Verbraucherschutz.
Kein generelles Verbot von Werkverträgen
Ein Verbot von Werkverträgen oder auch nur von Nachunternehmerverträgen würde im Ergebnis dazu führen, dass der gesamte handwerkliche Mittelstand in der Bauwirtschaft unmittelbar in seiner Existenz bedroht wäre. Komplexe Bauvorhaben könnten nur noch vom „alleskönnenden“ Großunternehmen ausgeführt werden. Die über Jahrhunderte gewachsene Zusammenarbeit von Handwerksbetrieben der einzelnen Bau-Zünfte – Maurerhandwerksbetriebe, Zimmerereibetriebe, Fliesenlegerbetriebe, um nur einige zu nennen – geriete in Gefahr oder wäre zum Untergang verurteilt. Wer Werkverträge und Untervergaben in der Bauwirtschaft verbieten will, legt die Axt an einen sehr erfolgreichen, wachsenden Wirtschaftszweig, der sich in den vergangenen Jahren zudem immer mehr zur Konjunkturlokomotive schlechthin entwickelt hat.
Missbrauch von Werkverträgen unterbinden
Tatsächlich wäre das Verbot von Werkverträgen der falsche Weg. Es geht darum, den Missbrauch von Werkverträgen zu unterbinden, nicht aber Werkverträge als solche zu verbieten. Dazu gehört die Bekämpfung von Scheinselbständigkeit, bei der die Rechtsform des Werkvertrages missbraucht wird, indem Arbeitnehmer von Auftraggebern zu Unternehmern deklariert werden, um Mindeststandards für Arbeitnehmer zu umgehen. Auch Arbeitnehmer treten oft als sogenannte Solo-Selbständige auf, um Steuern und Beiträge zu sparen, Mindestlohn- und andere Schutzvorschriften zu unterlaufen und sich so Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Nicht der Werkvertrag als solcher ist das Problem, sondern diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten. Nicht der Werkvertrag als solcher sollte daher verboten werden, sondern prekäre Beschäftigungsverhältnisse, der Verstoß gegen arbeits- und arbeitsschutzrechtliche Verpflichtungen und der Missbrauch des Werkvertragsrechts müssen konsequent verfolgt und die Verursacher bestraft werden.
Wie ist die Situation in der Bauwirtschaft?
Mindestlohn seit Ende der 90er Jahre
Die Bauwirtschaft geht mit einer Reihe von Partnern konsequent gegen den Missbrauch von Werkverträgen, inakzeptable Arbeitsbedingungen und Verstöße gegen arbeits- und arbeitsschutzrechtliche Mindeststandards vor. Die Tarifvertragsparteien der Branche haben sich schon Ende der 90er Jahre auf einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn für die Beschäftigten im Bauhauptgewerbe geeinigt, der auch für ausländische Nachunternehmer und deren Beschäftigte gilt.
Allgemeinverbindliche Regeln
Auch die Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft müssen sowohl von inländischen wie auch ausländischen Bauunternehmen abgeführt werden. Der allgemeinverbindliche Bau-Rahmentarifvertrag sieht darüber Regelungen zu Unterkünften und zur Erstattung von Verpflegungs- und Reisekosten vor. Die Kontrolle erfolgt durch den Zoll, einzelne Aspekte der Regelungen werden zudem von der Berufsgenossenschaft Bau bzw. den Sozialkassen der Bauwirtschaft kontrolliert.
Finanzkontrolle Schwarzarbeit
Gleichzeitig haben wir in den vergangenen Jahren gemeinsam mit der IG BAU darauf gedrängt, die aus dem Missbrauch des Werkvertrags resultierende Scheinselbstständigkeit und illegale Beschäftigung konsequent zu verfolgen und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die als Verfolgungsbehörde beim Zoll angesiedelt ist, personell zu stärken. Dem ist auch die Bundesregierung gefolgt: Laut Koalitionsvertrag werden der Finanzkontrolle Schwarzarbeit nach Ende der Legislaturperiode im Jahr 2022 rund 8.600 Stellen mehr zur Verfügung stehen.
Meister statt scheinselbstständig!
Auch um Scheinselbständigkeit zu erschweren, haben wir uns erfolgreich für die Wiedereinführung der Meisterpflicht in nahezu allen Bauberufen eingesetzt. Nur mit dem Meisterbrief und der dazugehörigen Qualifikation kann man einen Betrieb führen, und einen Werkvertrag fachgerecht ausführen.
Haftung der Betriebe
Die Generalunternehmerhaftung, die in der Bauwirtschaft sowohl für die korrekte Abführung der Sozialversicherungsbeiträge wie auch die Zahlung des Bau-Mindestlohns gilt, sorgt dafür, dass Unternehmer sorgfältig prüfen, an wen sie Unteraufträge vergeben. Denn am Ende stehen sie für die korrekte Bezahlung der Mindestlöhne wie auch die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge gerade.
Präqualifikation Bau
Eine Hilfestellung bei der Identifizierung „schwarzer Schafe“ stellt auch das für das Baugewerbe entwickelte Präqualifizierungsverfahren dar. Auch die sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Berufsgenossenschaft Bau und der Sozialkasse der Bauwirtschaft werden nur für Unternehmen ausgestellt, die die fälligen Beiträge korrekt errechnet und abgeführt haben. Ihre Vorlage durch den Subunternehmer beim Auftraggeber signalisiert ebenfalls die korrekte Handhabung von Entlohnung und Beitragsabführung. Durch eine Vielzahl von tarifvertraglichen allgemeinverbindlichen Vereinbarungen zu den Arbeitsbedingungen, zu Unterbringung und Fahrtkosten gelten in der Bauwirtschaft hohe Standards für die Beschäftigten. Insbesondere der im Vergleich zum gesetzlichen Mindestlohn wesentlich höhere Bau-Mindestlohn trägt dazu bei, dass prekäre Verhältnisse in der Bauwirtschaft weitestgehend auszuschließen sind.
Fazit
Die mittelständischen Bauunternehmen nehmen ihre Verantwortung für ihre Beschäftigten wie auch für die Beschäftigten der Nachunternehmer sehr ernst. Natürlich kam man dadurch Verstöße nicht gänzlich ausschließen. Dies geht nur durch höheren Kontrolldruck, aber nicht durch gesetzgeberische Maßnahmen, die das Wirtschaften einer traditionsbewussten, auf Arbeitsteilung beruhenden Branche unmöglich machen würde.
Daher fordern wir, nicht die Werkverträge in der Bauwirtschaft zu verbieten, sondern Missbräuche dort, wo sie auftreten, konsequent zu ahnden.