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Friedhöfe am Leben erhalten - Erfahrungen aus den Erstberatungen der Gütegemeinschaft Friedhofsysteme e.V.
Bei vielen Friedhofsvorhaben – ob Erweiterung, Sanierung, Errichtung neuer Grabarten oder konzeptioneller Weiterentwicklung – konnte die RAL- Gütegemeinschaft Friedhofsysteme e.V. seit ihrer Gründung 1999 speziell den Friedhofsträgern, Planern und zuständigen Institutionen aufklärend und beratend zur Seite stehen.
Auch zukünftig ist es Ziel der Gütegemeinschaft, die Friedhofsbetreiber auf der Basis mit dem RAL-Gütezeichen zertifizierter Qualitätskriterien unterstützend zu begleiten.
Hierbei sind die jahrelangen Erfahrungen aus den kostenlosen und unverbindlichen Erstberatungen der Gütegemeinschaft zu einem sehr bedeutenden Fundus für interessierte Friedhofsträger geworden. Parallel dazu ist ein Netzwerk an Friedhofskompetenz entstanden, das ebenfalls zur Verfügung gestellt werden kann. Diese Kompetenz ist stark von der Praxis geprägt und garantiert damit einen hohen erfolgreichen Umsetzungsgrad.
Für viele Friedhofsanlagen stellt sich zunehmend die Frage, wo der Weg hingeht. Dümpeln sie weiter vor sich hin, ergeht es ihnen, wie ihren Nutzern, dann wird es ein Tod auf Raten. Oder bringen die aktuellen und zukünftigen Anforderungen und Entwicklungen die Chance eines Wiederauflebens. Einige „Krankheiten“ schleppt so mancher Friedhofsträger schon Jahren/Jahrzehnten mit und vor sich her, andere Gefahren entstehen aus den gesellschaftlichen Entwicklungen und den immer schnelleren Veränderungen in der Friedhofs- und Bestattungskultur:
- immer schlechter werdende Wirtschaftlichkeit durch veraltete Gebührenstrukturen, steigende Kosten und rückläufige Einnahmen.
- neue Grabarten, die nicht mehr die Flächen wie früher benötigen. Dadurch entstehen auch größere Flächen, die keine Gebühren mehr einbringen, aber weiter gepflegt werden müssen, sog. Überhangflächen.
- geologische und hydrologische Probleme, die nie gelöst wurden und Flächen blockieren, bzw. für eine Weiterentwicklung unbrauchbar machen.
- eine stetig geringer werdende Akzeptanz der Friedhofsanlage in der Bevölkerung durch jahrzehntelangen Stillstand, keinerlei Veränderungen, fehlende Attraktivität.
- Rückgang der freiwilligen und ehrenamtlichen Unterstützung der Bürger.
- Wettbewerb, extern und interkommunal.
Aus der über 20-jährigen Erfahrung der Gütegemeinschaft stellt man immer wieder fest, dass mit Vorhaben begonnen wird, ohne zu wissen, wo man herkommt oder hinwill oder hinmuss. Veränderungen im Friedhof unterstehen oft zeitlichen Zwängen und mehreren Abschnitten. Zu den erfolgreichen „Therapien“ für eine Genesung und einen Fortbestand unserer kleineren Friedhöfe gehören zum einen bauliche und gestalterische Veränderungen, aber auch fachkompetente Verantwortlichkeiten in den Verwaltungen.
Zu den derzeit am meisten umgesetzten Maßnahmen gehören:
- die Schaffung neuer Grabarten, meist Urnengräber, unter- und oberirdisch, bedingt durch steigende Kremationsraten.
- Errichtung von Bestattungsmöglichkeiten für neue Bevölkerungsgruppen oder andere Religionen
- Reaktivierung, Sanierung und Umgestaltung der klassischen Erdgräber in kleinflächige, pflegearme Gräber mit kürzeren Ruhezeiten, günstigeren Grabnutzungsgebühren, etc.
- wenn möglich barrierefreie Infrastruktur für die Besucher und geeignete Infrastruktur für die am Friedhof Arbeitenden.
- Begrünung, Aufforstung (Baumgräber), etc. zu einer parkähnlichen Anlage.
- Sanierung, Modernisierung der baulichen Anlagen, Aussegnungshalle, sanitäre Anlagen, Entsorgungsplätze, etc.
- Räume und Plätze für Kommunikation, Abschied und Meditation, etc. für eine älter werdende Gesellschaft, für alleinstehende ältere Bürger, die den Kontakt suchen und brauchen. Rituale zusammen mit dem Friedhofsbesuch ermöglichen.
- Aufenthalts- und Verabschiedungsräume für Abschied am Sarg, mit entsprechendem Ambiente einrichten, bevor der Sarg ins Krematorium überführt wird. Gerade bei steigender Kremation immer wichtiger, so der Vorsitzende.
Gemeinsam mit den baulichen und gestalterischen Veränderungen muss aber auch die Kompetenz der Friedhofsverwaltung und des -managements wachsen:
Zuständigkeiten, Ausbildung und Fortbildung, Entwicklungs- und Betreibungskonzept für jede Anlage, aktuelle und korrekte Friedhofs- und Gebührensatzungen, Digitalisierung der Anlage und der Betreibung, sind nur ein paar wichtige Faktoren.
Abschließend appellierte der Vorsitzende der Gütegemeinschaft an die politischen Entscheidungsträger in den Kommunen, aber auch an die kirchlichen Friedhofsträger, die Bemühungen vieler Verwaltungen und auch Bürger im Bereich Friedhof zu unterstützen und nicht zu blockieren.
Friedhof ist ein emotionales Thema, im Gegensatz zu früher verliert man jetzt schneller den Anschluss an die Entwicklungen. Versäumtes aufzuholen ist meist teurer und dauert länger. Ist erst einmal die Akzeptanz beim Bürger nicht mehr vorhanden, sucht man andere Wege der Bestattung und zunehmend werden der eigenen Friedhofsanlage die Sterbefälle wegbrechen.
Rund 32.000 Friedhöfe mit über 40 Mio. Gräbern auf ca. 350 km² Fläche und z. Zt. mehr als 900.000 Sterbefälle pro Jahr sind die Realität in Deutschland. Durch die demographische Entwicklung wird die Sterberate von 1,05 auf 1,3 % der Bevölkerung steigen. Nicht erst jetzt zeigt sich zunehmend das Problem der Finanzierung der Friedhöfe.
Das Gebührenvolumen liegt bei rund 2,5 Mrd. Euro und deckt gerade mal 60% ab, d. h. 40% werden aus den kommunalen Haushalten bezuschusst. Die Deckungsgrade gehen von 50% bis 100%.
Gerade jetzt werden aufgrund zurückgehender Gewerbesteuereinnahmen notwendige Investitionen im Friedhofsbereich geschoben, was nach der Meinung des Vorsitzenden nicht berechtigt ist, da sich diese Vorhaben selbst finanzieren. Der Friedhof ist eine kostendeckende Einrichtung und Gebühren sind keine Steuern.