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Rede von Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes

anlässlich des Deutschen Baugewerbetages 2018 am 8. November 2018 in Berlin

Wir. Bauen. Heimat.

Als frisch gewählter Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes stehe ich heute vor Ihnen und kann mit Fug und Recht sagen:

Wir bauen Heimat!

Das Motto unseres diesjährigen Baugewerbetags drückt genau das aus, was uns Bauunternehmer antreibt: Für die Menschen in diesem Land Bauleistungen und Bauwerken zu erstellen mit denen sie Heimat identifizieren. Eine wunderbare Aufgabe.

Wir – das sind wir hier im Saal und weitere 70.000 Bauunternehmen in Deutschland, von denen 70 % zum Baugewerbe gehören.

Wir – das sind rund 830.000 Facharbeiter, die bundesweit in allen Regionen Deutschlands tätig sind.

Wir – das ist das deutsche Baugewerbe mit einer Vielzahl an mittelständischen, inhabergeführten Unternehmen.

Wir bauen Heimat; wir sind überall: Stadt oder Dorf, Festland oder Insel, Berg oder Tal. Wir arbeiten, damit Heimat richtig gut wird.

Nicht nur uns Bauleuten ist es ganz klar: Bauinvestitionen sind Investitionen in die Zukunft; dauerhafte Bauwerke überleben bisweilen Jahrtausende und sind für die Lebensqualität eines Landes prägend.

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen,

was aber bedeutet Heimat?

Der Begriff „Heimat“ ist größtenteils positiv belegt. Es gibt viel Worte zu dem Wort aber letztlich ist es ein Gefühl das aus Erlebnissen und Umfeld kommt.

Machen wir mal 2 Beispiele: Folgt man der Siegener Sprachwissenschaftlerin Carolin Baumann, immerhin kommt sie aus meiner Heimatstadt, dann ist der Begriff der Heimat zweigeteilt:

1: Heim – das stand ursprünglich für Wohnung und Siedlung.

2: Mit der Endung -at wurden einst Orts- oder Zustandsbezeichnung gebildet.

Und was sagt uns das? Heimat bezeichnete ursprünglich den Ort der Wohnung bzw. des Heims, den Stammsitz etc.

Freundschaft, das ist wie Heimat. Das meint aber Kurt Tucholsky.

Meine Damen und Herren, liebe Gäste,

Philosophen, Dichter und Denker beschäftigen sich mehr mit den Gedanken und Gefühlen. Unsere Aufgabe als Bauschaffende ist es, Menschen einen positiven Rahmen für ihre Heimatgefühle zu bauen.

Dazu gehören Gebäude, die Schutz, aber auch Arbeitsraum bieten, Verkehrswege, die Menschen verbinden, sie aber auch mit Gütern versorgen; dazu gehören aber auch Glasfasernetze und Sendemasten, die die reale mit der virtuellen Welt verbinden und für das Heimatgefühl des modernen Menschen unabdingbar sind. Denn für die junge digitale Gesellschaft ist zu Hause da, wo sie mit ihrem Smartphone im schnellen Netz sind.

Unsere Verantwortung gegenüber Bürgern und Volkswirtschaft ist es, diese großen Investitionen wirtschaftlich und dauerhaft zu erstellen. Bau- und Lebenskultur zu schaffen mit Straßen, Plätzen und Parkanlagen.

Dafür müssen wir die Bedürfnisse seiner späteren Nutzer richtig erfassen und die Bauwerke in dauerhafter Qualität erstellen. Ansprüche an Nutzung und Bau Qualitäten ändern sich. Das war so und wird so sein. Energie ist das beste Beispiel.

Aber die Fülle von Vorschriften und Regularien engt uns ohne Not ein, macht das Bauen immer teurer und verhindert kreative Lösungen.

Blickt man zurück auf die alten Baumeister, wird schnell klar, wie mit einer geringen Anzahl an Vorschriften und Regelungen, aber mit viel Gestaltungsspielraum und hohem ästhetischen Anspruch Heimat gebaut wurde. Beispiel Edinburgh

Denken Sie nur daran, wie viele der alten Gebäude heute noch stehen und großen Nutzen bringen.

Wir können das immer noch gut!

Dafür brauchen wir aber keine Regelungen und Vorschriften bis ins letzte Detail. Möglichst viele und komplexe Regelungen und Vorschriften sind kein Indiz für deren Sinnhaftigkeit. Komplexe Prozesse mit vielen Abhängigkeiten sind kein Indiz für gute Bauqualität.

Letztlich lebt „Heimat bauen“ davon, dass Steine aufeinander geschichtet werden, Erde bewegt wird, Beton und Stahl und Holz verbaut werden. Was wir brauchen sind Auftraggeber, gerade in der Verwaltung, die Qualität als oberstes Ziel der Ausschreibung vorgeben und nicht den billigsten Preis.

Meine Damen und Herren,

die lange Rezession, die in den Neunzigerjahren begann, hat dazu geführt, dass „Geiz ist geil“ auf dem Bau Einzug gehalten hat. Die Bauqualität ist in den Hintergrund getreten, Hauptsache das Produkt war billig.

Die daraus resultierenden Schäden können wir heute noch besichtigen, wenn zum Beispiel in den Fluren vor den Abgeordnetenbüros Eimer aufgestellt werden müssen, weil das Dach nicht dicht ist und es hinein regnet.

Das, meine Damen und Herren, hat mit meinem Verständnis von sinnvollen, nachhaltigen Investitionen nichts zu tun. Nachhaltige Investitionen in den Gebäudebestand müssen nicht nur die Erstinvestitionen, sondern auch die Unterhaltung und den Rückbau von berücksichtigen.

Der Lebenszyklusansatz muss noch mehr in den Mittelpunkt von Baumaßnahmen treten. Eine lange Nutzungsdauer ist wirtschaftlich für den Bauherrn und die Volkswirtschaft.

D. h. wir müssen uns heute schon damit befassen, wie eine langfristige Nutzung eines Wohnhauses oder einer Gewerbeimmobilie aussehen kann, damit wir ein entsprechendes Produkt mit hoher Bauqualität errichten können.

Daher müssen wir uns frühzeitig mit den gesellschaftlichen Entwicklungen in unserem Land beschäftigen, zum Beispiel in Bezug auf die Themen Wohnen und Wohnumfeld oder Mobilität und Arbeiten. Denn gerade eine Gesellschaft mit hoher Lebenserwartung, hat andere Ansprüche an das Wohnumfeld oder an Mobilität.

Wir brauchen hochwertigen Wohnungsbau für alle Bevölkerungsgruppen, um eine Spaltung der Gesellschaft zu vermeiden. Es darf nicht sein, dass der Facharbeiter, die Krankenschwester oder der Feuerwehrmann keine bezahlbare Wohnung mehr finden und zu stundenlangem Pendeln gezwungen sind. Das ist ungesund und hat mit Heimat nichts zu tun.

Was wir außerdem vermeiden müssen, sind Elendsquartiere an den Stadträndern, französischen Banlieus, die durch ein konzeptloses, serielle Bauen entstehen könnten. Daher ist es richtig, dass der Staat weiterhin in den sozialen Wohnungsbau investiert – und das auch über 2021 hinaus.

Ich möchte an dieser Stelle, auch mit Blick auf die vielen anwesenden Vertreter und Vertreterinnen aus dem Bundestag und den Ministerien sagen: die große Bedeutung des Bauens und Wohnens ist verstanden worden.

Viele richtige Maßnahmen wurden auf den Weg gebracht. Es wird mehr investiert, nicht nur in die Infrastruktur, sondern auch mit vielen Fördermaßnahmen in den Wohnungsbau. Mit ihren Beschlüssen haben sie viel Gutes auf den Weg gebracht und das verdient großen Dank. Gleichzeitig brauchen wir aber auch Konzepte, wie neue Wohnviertel gestaltet werden müssen, damit sie für ihre Bewohner Heimat darstellen.

Liebe Gäste,

wir müssen einen tiefen Blick in die Glaskugel werfen, um zu erkennen, wie die Familienkonzepte 4.0, wie der Handel 4.0 aussehen, wie die Bedürfnisse nach Mobilität und Kommunikation sich wandeln, aber auch wie sich die Arbeitswelt bei Produktion als auch Dienstleistung verändern wird.

Nur eine gute Prognose dieser Entwicklungen wird es ermöglichen, Bauwerke zu realisieren, die veränderten Rahmenbedingungen gerecht werden. Hierzu brauchen wir einen breiten gesellschaftlichen Dialog, aber auch einen Dialog innerhalb der Wertschöpfungskette Bau, gerade auch mit Architekten und Planern. Diese guten Konzepte können wir dann mit immer mehr digitaler Unterstützung umsetzen.

Wir müssen uns fragen, wie die Baustelle 2030 wohl aussehen wird. Wer wird bauen? Roboter oder unsere gut ausgebildeten Facharbeiter? Oder eine Mischung aus beiden? Werden Baufacharbeiter zukünftig IT-Spezialisten sein müssen?

Auch wenn wir davon ausgehen, dass wir weiterhin überwiegend mit Naturbaustoffen wie Ton, Sand, Kies, Holz, Kalksandstein bauen werden, stellt sich die Frage, wie lange diese Stoffe ausreichend zur Verfügung stehen. Sand ist heute schon knapp. Daher kann es nicht sein, dass das Recycling mineralischer Baustoffe quasi unmöglich gemacht wird.

Wir brauchen daher einen Neustart in der Kreislaufwirtschaft, bei der Mantelverordnung, denn alles andere – und das haben wir ja gerade plastisch vor Augen geführt bekommen – führt zu steigenden Baukosten und unnützem Mülltourismus.

Die Verwertung von Bodenaushub und Recyclingmaterial muss nicht nur weiter möglich sein, sondern sie muss erleichtert werden. Unsere Umweltpolitik macht uns zum Teil Vorgaben, wie beim Klimaschutz, die technisch kaum noch machbar und wirtschaftlich unvernünftig sind.

Wenn Eluate von Recycling-Baustoffen bessere Werte als Trinkwasser vorweisen müssen, wenn Jahrtausende alte, geogen belastete Böden plötzlich zum Sondermüll werden, dann geht unsere Umweltpolitik definitiv in eine falsche Richtung.

Nehmen wir das Beispiel Diesel: wir sind das einzige Land auf der Welt mit Dieselfahrverboten, und das obwohl wir sicherlich die modernsten Fahrzeuge auf der Straße haben. Komme gerade aus Südamerika. Und 90 % unseres Fuhrparks sind Dieselfahrzeuge. Sollen sie ernsthaft aus den Innenstädten ausgesperrt oder gegebenenfalls große Umwege fahren?

Liebe Gäste,

auch wenn die Konjunktur brummt, wir gut zu tun haben und investiert wird, macht das Bauen immer weniger Freude, weil wir durch immense Bürokratie ausgebremst werden. Egal ob Bauprodukten-Verordnung, Arbeitsrecht, Steuerrecht, Datenschutz, alles wird reguliert und oft überreguliert.

Wie viele Formblätter wir für einfache Bauvorhaben ausfüllen müssen, wie viele Verordnungen, Gesetze und Normen zu beachten sind, wir können sie nicht aufzählen. Hier brauchen wir dringend eine Entlastung, und sie würde den Staat keinen Cent kosten.

Meine Damen und Herren,

mir ist um die Zukunft unserer Branche nicht bange. Noch sind nicht alle Wohnungen, die wir benötigen, gebaut und nicht alle Straßen saniert.

Daher bietet die deutsche Bauwirtschaft für eine Karriere am Bau beste Perspektiven. Es ist uns gelungen auch in diesem Jahr deutlich mehr Lehrlinge einzustellen, die wir auch dringend benötigen.

Junge Menschen finden in der Bauwirtschaft attraktive und vielfältige Berufe, eine gute Entlohnung, auch schon während der Ausbildung, Fortbildungsmöglichkeiten in Richtung Baustellenmanagement sowie eine zusätzliche Absicherung im Alter durch die Tarifrente Bau. Für unsere Mitarbeiter waren wir immer schon einen Schritt voraus, siehe Mindestlohn:

Der alte Satz „Deutschland ist zu Ende gebaut.“ wurde nie mehr ad absurdum geführt wie derzeit.

Richtig ist: Gebaut wird immer!

Daher bleibe ich dabei:

Wir. Bauen. Heimat!

Für die Menschen! Für das Leben der Zukunft!  Das ist unsere Bestimmung!

Geben Sie unsere Position weiter!

Teilen Sie unseren Standpunkt in Sozialen Netzwerken oder in Ihrem direkten Umfeld.

Rede von Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes

anlässlich des Deutschen Baugewerbetages 2018 am 8. November 2018 in Berlin